Jeden Tag folgen neue Nachrichten rund um die Signa-Pleite. Zuletzt die Nachricht von der Insolvenz der Baustelle des geplanten Luxuskaufhauses Lamarr auf der Mariahilferstraße in Wien. Während René Benko mit seinen lukrativen Immobilienspekulationen in den letzten Jahren seine Taschen gefüllt hat, fährt er nun seine Handelssparte wie auch viele seiner großspurig angekündigten Bauprojekte bewusst an die Wand. Die Leidtragenden sind Beschäftigte, Anrainer_innen und die Kund_innen. Wie in den letzten Wochen bekannt wurde, hat Benko Geld aus Unternehmen gezogen und in seine Privatstiftungen transferiert.
Ob er dafür gerade stehen muss, wird sich zeigen. In der Vergangenheit war er mit aktiven wie auch ehemaligen Politiker_innen von ÖVP, FPÖ, SPÖ oder NEOS gut vernetzt. Sebastian Kurz (Ex-Kanzler, ÖVP) setzte sich etwa für Benko ein, als es etwa um den Kauf des Grundstücks auf der Mariahilferstraße ging. Alfred Gusenbauer (Ex-Kanzler, SPÖ) oder Hans-Peter Haselsteiner (Ex-LiF Abgeordneter und NEOS Unterstützer) gelten als Berater von Benko und sind an dessen Firmenimperium beteiligt. Benko selbst ist seit Wochen auf Tauchstation.
Was schon die Corona- und später auch die Teuerungskrise gezeigt haben, wiederholt sich nun wieder: Die Vorstellung, der Markt könne Probleme selbst lösen, ist nichts als ein Märchen. Große Unternehmen nutzen ihre Gewinne zur eigenen Expansion, und wenn es nicht mehr rund läuft, sollen die Steuerzahler_innen die entstandenen Verluste auffangen.
Dabei haben Steuerzahler_innen Rene Benko schon während der Pandemie für seine Firmen Staatshilfen in der Höhe von 10,2 Millionen Euro bezahlt. Dabei verfügte Benko vor der aktuellen Pleite über ein geschätztes Vermögen von 4,9 Milliarden Euro und es ging ihm auch in den Krisenjahren prächtig. Er zahlte sich mit seiner Signa-Gruppe eine Dividende von 100 Millionen Euro aus und kaufte sich einen Gutshof um 30 Millionen Euro. Gleichzeitig wurden Mitarbeiter_innen der Kika-Leiner Gruppe 2020 für sieben Wochen in Kurzarbeit geschickt, wofür er staatliche Unterstützung bekam.
Anstatt weiterhin Geld und Hoffnung in die Signa zu investieren, muss jetzt schnell gehandelt werden, damit die Städte und Gemeinden, die Warenhausbeschäftigten und Bürger_innen nicht mit den Bauruinen des Benko-Desasters zurückgelassen werden. Gemeinden und Bundesregierung müssten aktiv werden und sich dafür einsetzen, die Immobilien des insolventen Benko-Imperiums zu enteignen und in öffentliche Hand überführen. Wie es etwa auch die deutsche Partei DIE LINKE in einem 7-Punkte-Plan fordert.
Doch wie könnte so eine umfassende Vergesellschaftung in Österreich aussehen?
1. Statt der Hoffnung auf neue Investoren oder Geldspritzen von Gesellschaftern muss eine Rekommunalisierung von Grund und Boden durch das Erlassen von Vorkaufsrechten auf Gemeindeebene durchgesetzt werden. Die Rekommunalisierung – also Enteignung und Zusammenführung der Immobilien in gemeindeeigene Hand – ist die Voraussetzung für eine Sicherung als gemeinschaftliche Orte und für die Versorgung der Bevölkerung mit Alltagsgütern.
2. Die aktuellen Planungen für Hochhäuser mit Bürotürmen oder Luxuskaufhäuser – wie etwa das geplante Wiener Kaufhaus Lamarr auf der Mariahilferstrasse – braucht niemand. Stattdessen sollten wir uns überlegen, wie diese Orte im Sinne des Gemeinwohls der Bevölkerung genutzt werden können.
3. Das heißt konkret: Statt des Neubaus überteuerter Konsumtempel brauchen wir Konzepte, die über die Nutzung der Immobilien für individuellen Konsum hinausgehen. Ziel ist die (Luxus)Immobilien zu Gemeindewohnungen oder versorgenden und kulturellen Orten weiterzuentwickeln.
4. Es braucht Machbarkeitsstudien und Gutachten, über die Potenziale zum Erhalt bestehender Warenhäuser und darüber, wie sich dort alternative Konzepte umsetzen lassen. Im Vordergrund sollten dabei der Bedarfe der umliegenden Nachbarschaften stehen und selbstverständlich die Sicherheit für die Arbeitnehmer_innen von Ketten wie Kika-Leiner. Das ganze sollte durch die besondere Berücksichtigung von kleinen Gewerbetreibende oder Genossenschaften gewährleistet werden.
5. Kulturelle, soziale und konsumfreie Zwischennutzungen bis zum Abschluss dieser Neuplanungen sind umgehend zu ermöglichen und in die zukünftige Nutzung der Immobilien einzubeziehen.
6. Nicht zuletzt müssen natürlich auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Milliardäre wie Rene Benko für den von ihnen verursachten Schaden direkt zur Kasse zu bitten: Das bedeutet, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um auf deren angehäuftes Vermögen direkt zuzugreifen. Überdies braucht es entsprechende hohe Vermögenssteuern, um den Schaden, den Superreiche durch ihren Konsum wie auch ihre Investitionen auf Kosten der Bevölkerung verursachen, zu komoensieren. Noch vor wenigen Jahren war die KPÖ allein in der Öffentlichkeit, wenn sie eine „Reichensteuer“ für Vermögen ab 1 Million Euro verlangte. Mittlerweile treten auch ÖGB und Arbeiterkammer, wie auch andere Parteien für eine solche Steuer ein. Laut Umfragen ist zudem mit 73% eine klare Mehrheit der Österreicher_innen für eine solche Steuer, wie sie die KPÖ fordert.
Wie könnte all das etwa in Bezug auf das geplante Kaufhaus Lamarr aussehen?
Das geplante Luxuskaufhaus Lamarr wurde nach einem in Wien geborenen Hollywood-Star benannt und sollte ursprünglich 2024 eröffnen. Das Kaufhaus gehört zur KaDeWe-Group, die bis dato das gleichnamige Berliner Luxuskaufhaus, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München betreibt. In dem Warenhaus in Wien sollten nach Fertigstellung 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung stehen. Auf dem Dach eines zugehörigen Hotels sollte ein riesiger öffentlich zugänglicher Dachgarten entstehen, eine Auflage der Stadt für den Neubau. An der Stelle des Kaufhauses stand zuvor eine Filiale der Möbelkette Leiner.
Doch wie könnte eine konkrete Utopie aussehen? Ein Stockwerk des geplanten Kaufhauses Lamarr auf der Wiener Einkaufstraße Nummer 1 könnte dem genossenschaftlich organisierten MILA – Supermarkt als aktuelle Version der Consumvereine des Roten Wiens zur Verfügung gestellt werden. In einem weiteren Stockwerk des Hauses könnten genossenschaftlich geführte Restaurants oder Mensen mit zusätzlichen Kinderbetreuungseinrichtungen entstehen. Auch das gab es in Wien schon einmal unter dem Namen WÖK (Wiener öffentliche Küchenbetriebsgesellschaft) bis zur Schrittweisen Privatisierung. Solche Initiativen würden an das Erbe des Roten Wien direkt anknüpfen. Der Namensgeberin Hedy Lamarr – sie selbst war im Kampf gegen den Faschimus aktiv – könnte eine entsprechende Veranstaltungshalle gewidmet werden, die Initiativen niederschwellig zur Verfügung steht. Das nahegelegene Kulturzentrum Amerlinghaus platzt schliesslich seit Jahren aus allen Nähten. In den weiteren Stockwerken könnten etwa statt eines geplanten Luxushotels neue Gemeindewohnungen entstehen. Frei nach dem Motto »Wohnen wie die Reichen, aber für alle« (Harry Glück) oder auch anknüpfend an eine zeitgemäße Idee eines »Volkswohnungspalasts« (Josef Frank, 1926).