Spannend war die Diskussion zum Thema Wirtschaftsdemokratie und Solidarische Ökonomie: JETZT oder endet die Demokratie? am Dienstag mit Elisabeth Götze (Die Grünen), Michaela Schmidt (SPÖ) und Helene Schuberth (ÖGB).
Zumindest was die „Vision“ einer demokratischen Wirtschaft betrifft, gab es am Podium wie auch im Publikum viel Diskussionsbedarf. Diskutierte Fragen waren:
Welche Schritte in Richtung sozial-ökologischer Transformation unserer Wirtschaft wurden schon eingeschlagen? Was können wir aus Erfahrungen sozialistischer Bewegung (nicht) lernen? Ist die rechtsautoritäre Wende eine Reaktion darauf, dass Profite gefährdet werden? Wie können wir Kolleg_innen dagegen mobilisieren und wieder Macht aufbauen, um unsere Vorstellungen einer demokratischen Wirtschaft durchzusetzen?
Vielen Dank an die Veranstalter_innen Gemeinwohl-Ökonomie Österreich sowie die Unabhängige Gewerkschaftsfraktion (UG) Gemeinsam Auge/ug – und speziell auch Vera Koller für die Moderation!
Foto: Marion Polaschek
Im folgenden mein Eingangsbeitrag bei der Diskussion:
Zunächst vielen Dank für die Einladung! Ich freue mich heute, mit Ihnen über das Thema Wirtschaftsdemokratie diskutieren zu können. Nachdem ich auch in einigen konkreten solidar-ökonomischen Initiativen – wie dem genosenschaftlichen Mitmachsupermarkt MILA, dem Netzwerk habiTAT für leistbares Wohnen, der Sezonieri Kampagne – aktiv bin oder war und hoffe, dass ich diese Erfahrungen – wie auch meine beruflichen Erfahrungen beim Training mit Betriebsrät:innen – in die Diskussion einbringen kann – freilich ohne für diese Initiativen zu sprechen.
KPÖ & Wirtschaftsdemokratie
Nachdem wir noch nicht im Nationalrat vertreten sind, Erlaube ich mir kurz unsere grundsätzlichen Überlegungen zu skizzieren, von der sich unsere konkrete Politik – als konstruktive Nervensäge in Opposition – ableitet:
Teuerung, steigende Mieten und Klimakrise bedeuten, dass für viele Menschen die Grundbedürfnisse nicht mehr gesichert sind. Als KPÖ treten wir dafür ein, unsere Grundbedürfnisse nicht den Profitinteressen einiger weniger auszuliefern. Was wir zum Leben brauchen – Wohnen, Energie, Gesundheit, gesunde Lebensmittel und eine lebenswerte Umwelt – müssen wir gemeinschaftlich und entlang unserer Bedürfnisse organisieren. Kurz und gut: Was alle betrifft, muss allen gehören.
Als KPÖ wollen wir die Demokratie nicht nur gegen Angriffe verteidigen, sondern ausbauen. Denn wir sind der festen Überzeugung, dass nicht Konzerne, sondern wir selbst unsere Angelegenheiten gemeinsam und demokratisch regeln sollen. Das bedeutet, dass wir dafür eintreten, dass alle Menschen, alle Kolleg:innen, die dauerhaft in Österreich leben, auch hier arbeiten, mitbestimmen und wählen sollen.
Unserem Demokratie-Defizit entgegenzuwirken, bedeutet aber auch, dass wir den Bereich der Mitbestimmung auf zentrale gesellschaftlichen Bereiche ausweiten wollen. Viele Menschen verbringen etwa 8 Stunden ihres Tages an einem Ort, an dem Demokratie gar keine Rolle spielt – dem Arbeitsplatz.
Von diesen grundsätzlichen Überlegungen ausgehend, kann man unterschiedliche Forderungen und Politikansätze ableiten, die von der KPÖ unterstützt werden – ich denke, das Meiste davon deckt sich auch mit der SOCIAL ECONOMY DEKLARATION, die teils viel detaillierte Vorschläge macht, als wir das tun. Daher ist sie auch besonders wertvoll.
Zentral halte ich die Forderung nach bevorzugter öffentlicher Vergabe von Aufträgen an Sozial-Ökonomische-Organisationen, mehr Rechtssicherheit für diese und auch einer besseren Datengrundlage. Demokratie/ Partizipation sollte im Mittelpunkt von Entwicklungs- und Fördermaßnahmen stehen, wie auch die Deklaration fordert.
Aus meiner Praxis weiß ich darüber hinaus, dass eine Anlaufstelle bzw. Agentur zur Unterstützung demokratischen Wirtschaftens durchaus hilfreich wäre, um dabei zu unterstützen etwa eine Genossenschaft zu gründen oder auch an entsprechende Förderungen heranzukommen.
Darüber hinaus würden wir als KPÖ diese Forderungen noch ergänzen um die Forderung nach einer Job-Garantie, um sichere und gute Arbeitsplätze nicht länger dem Markt zu überlassen. Ein breit angelegtes Beschäftigungsprogramm kann auch dabei helfen, zusätzliche Ressourcen auf ökologisch und sozial sinnvolle Bereiche hin zu orientieren und Demokratie auch in der Arbeitswelt auszuweiten. Darüber hinaus fordern wir einen Mindestlohn von 2400 Euro brutto, eine Arbeitszeitverkürzung und ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das die Verhandlungsmacht von uns gegenüber Unternehmern am Arbeitsmarkt stärken soll. So wie wir die Rolle von Arbeits-, Produktions- wie auch Konsum-Genossenschaften stärken wolle – speziell im Bereich des Wohnens, der Landwirtschaft, aber auch etwa der Energieproduktion.
Endet die Demokratie?
Ich denke, auch aus einem anderen Grund ist unsere Diskussion über Wirtschaftsdemokratie wichtig. Es steckt schon im Veranstaltungstitel, um die Krise unserer Demokratie und den Aufstieg rechter Parteien besser zu verstehen. Dazu ein paar Gedanken für die gemeinsame Diskussion.
Zum einen haben immer mehr Menschen nicht das Gefühl, dass sie über Unternehmen, die im öffentlichen Besitz sind, auch wirklich mitbestimmen können oder diese in ihrem Interesse arbeiten. Wenn etwa Stromerzeuger in kommunalen Besitz ihren Strom lieber am Markt verkaufen, als den Strom kostengünstig der eigenen Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, wie in den letzten Jahren sichtbar wurde. Ich denke, wir müssen uns die Frage stellen, wie können wir Unternehmen wieder unter demokratische Kontrolle bringen? Was lernen wir etwa aus dem Ist-Zustand diverser Unternehmen im öffentlichen Besitz, die sich nicht so verhalten? Was können wir aus den Erfahrungen sozialistischer Bewegungen der Vergangenheit in Bezug auf Vergesellschaftung (nicht) lernen?
Ein weiterer Gedanke, warum uns das Thema wichtig sein muss. Die Otto-Brenner-Stiftung hat Anfang des Jahres eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass in Betrieben, in denen es eine betriebliche Mitbestimmung gibt, Kolleg:innen deutlich weniger zu einer rechtsextremen Einstellung tendieren. Ich denke, auch das sollte ein Impuls sein, sich anzusehen, wo wir unsere Demokratie ausbauen statt nur verteidigen müssen. Das betrifft die betriebliche Mitbestimmung, aber auch den Ausbau von Demokratie etwa in unseren Gewerkschaften – sprich die aktive Beteiligung von Kolleg:innen auch in der gewerkschaftlichen Arbeit statt der dominierenden Stellvertreterlogik.
Gedanke drei, das wäre auch wichtig, um die vorhin aufgezählten Forderungen nach demokratiierung und Transformation durchzusetzen. Denn wir müssen uns ja Fragen, warum diese Dinge nicht schon lange umgesetzt sind. Neu sind viele der Forderungen ja nicht. Ich denke, ohne eine breitere Mobilisierung von Kolleg:innen, wird eine Durchsetzung nicht möglich sein. Wie kommen wir dahin? Durch die Sozialpartnerschaft eher nicht. Diese wurde von Unternehmerseite schon lange aufgekündigt, wir sehen es auch daran, wie stark die Interessen der Unternehmer in den Wahlprogrammen von FPÖ und ÖVP wieder finden und vertreten werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!